Expert/innen und Vertreter/innen aus Unternehmen, Wissenschaft, Forschung und dem öffentlichen Sektor kamen in Köln zusammen, um über Fortschritte, Chancen und Herausforderungen innovativer Herangehensweisen wie z.B. Service Design im öffentlichen Sektor zu diskutieren, Erfahrungen auszutauschen und Impulse mitzunehmen. Die Kundenperspektive stand dabei während der gesamten Konferenz im Mittelpunkt.
Service Design bietet wertvolle Lösungsansätze für aktuelle Herausforderungen der Gesellschaft
Die Stadt Köln geht dabei mit gutem Beispiel voran. So berichtete Oberbürgermeisterin Henriette Reker von einer tiefgreifenden Verwaltungsreform, welche die Stadt seit 2017 mit Hilfe von Service Design vorantreibe. Unter anderem wurde bei der Stadtverwaltung eine Stelle mit einer ausgebildeten Service Designerin besetzt, um sowohl Dienstleistungen als auch interne Arbeitsprozesse kunden- und bedarfsorientierter gestalten zu können.
Prof. Birgit Mager, Professorin für Service Design an der KISD und Präsidentin des Internationalen Service Design Networks gab den Teilnehmerinnen und Teilnehmern Einblicke in erfolgreiche Service-Design-Projekte wie die Gulliver Obdachlosen-Überlebensstation in Köln (bereits 1995 initiiert). Sie sprach darüber, dass mit dem Blick auf die Kundenbedürfnisse ganz konkrete Lösungen für Probleme in der Gesellschaft erarbeitet werden können, die auch das Bürgerengagement stärkten. Bisher würden jedoch die Potentiale dieses Methodenansatzes noch zu wenig im öffentlichen Sektor genutzt.
Umdenken in der Politik nötig
Caroline Paulick-Thiel von Politics for Tomorrow wies darauf hin, dass der Einführung von Neuem (Innovation) die Abschaffung von Altem (Exnovation) vorausgehe. Dies bedeute für die Politik, sich von alten Denkmustern zu verabschieden und bereichsübergreifend gemeinsam neue Lösungen zu suchen.
Das Ausland macht es vor – Deutschland muss nachziehen
Bürgerzentrierte Dienstleistungen sind im europäischen Ausland weitaus häufiger zu finden als in Deutschland. Die britische Regierung z.B. hat die Digitalisierung ihrer Verwaltungsbereiche mittels Service Design und Einbezug der Bürgerinnen und Bürger komplett neugestaltet.
Großbritannien denkt auch bei der Bereitstellung von Gesundheitsdienstleistungen nutzerorientiert. So stellte Gastrednerin Jennifer Bagedorn von Livework London ein Projekt der Stand London vor, welches die Verbesserung der psychischen Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger durch mit Service Design entwickelten Angeboten anstrebt.
Auch Finnland setzt auf bürgerzentrierte Services. Gastrednerin Suse Miessner vom Finnish Immigration Service für Einwanderer stellte den Service Design Prozess zur Optimierung der Kundenkommunikation vor. Die Entwicklung von chatbots zu gezielten Fragestellungen von Bürgerinnen und Bürgern verbesserte den Kundenkontakt innerhalb weniger Monate deutlich.
Nutzerzentriertes Umdenken sollte bereits in Schulen anfangen
Barbara Große-Hering von designit gab schließlich Einblicke in ein spannendes Service Design-Projekt einer Münchner Schule: Die Fragestellung war: Was kann Schule mit dem Service Design Ansatz anders machen und wie kann sie vor allem Schülerinnen und Schüler stärker motivieren, sich in der Schule zu engagieren? Schüler/innen und Lehrer/innen waren gleichermaßen begeistert von den Ergebnissen und dem neuen Denkansatz.
Workshops für praktische Lernerfahrungen: Die Macht der kleinen Schritte
In verschiedenen Workshops erhielten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer während der Konferenz die Möglichkeit, neue Denkweisen in konkreten Handlungskontexten auszuprobieren und in Kundenrollen zu schlüpfen. Den Workshop-Teilnehmern wurde z.B. vermittelt, wie gut man mittels Service Design in praktischen Alltagserfahrungen, wie dem Bahnfahren im öffentlichen Nah- und Fernverkehr, die wirklichen Bedürfnisse und notwendigen Veränderungen von Bürgerinnen und Bürgern erfassen kann. Mit einem methodischen Kartenset wurden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer inspiriert, Lösungen für die großen Herausforderungen der Gesellschaft von morgen zu entwickeln. Immer wieder wurde das Herunterbrechen von Dienstleistungen in Prozessketten mit verschiedenen Kontaktpunkten – sogenannte Kundenreisen – in den Workshops thematisiert. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer erkannten dabei, wie groß die Wirkung von Veränderungen sein kann, wenn man gezielt einzelne Kontaktpunkte und Schritte optimiert.
Innovation braucht Mut und konkretes Handeln
Das Fazit der Konferenz war gleichermaßen naheliegend wie auch mutig: Innovation funktioniert nicht auf Bestellung und mit einmaliger Anwendung. Vielmehr braucht es ein Umdenken der Akteure und täglichen Anwender, wie nicht zuletzt Simone Carrier und Katrin Dribbisch vom public service lab in ihrem Abschluss-Vortrag betonten.
Besonders bemerkenswert war die große Offenheit und Bereitschaft der Vertreterinnen und Vertreter aus der Verwaltung, bisherige interne Arbeitsabläufe und Dienstleistungsangebote für die Bürgerinnen und Bürger zu überdenken und innovative Lösungsansätze zu integrieren. Die Neugier und der Wille der Beteiligten sind da. Nun liegt es an den Entscheidern in Land, Städten und Kommunen, um Innovationsprozesse nutzerorientiert anzustoßen und mutig voranzutreiben.
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